Sechs Pedale standen den Pianisten von Beethoven bis Chopin zur Verfügung – manche (z.B. Beethoven) wechselten wegen verschiedener Spieltiefen zwischen verschiedenen Klavieren . . . das Ziel des Klavierbaus sollte es sein, den Interpreten ein Maximum an Ausdrucksmöglichkeiten bei der künstlerischen Interpretation zu ermöglichen. Tragen wir Klavierbauer im 21. Jahrhundert wirklich genug bei zum maximalen Variantenreichtum? Oder waren uns die Kollegen des 19. Jahrhunderts überlegen?

Udo Steingraeber leitet in der 6. Generation die Bayreuther Klaviermanufaktur Steingraeber & Söhne, wo er auch den Klavierbau erlernte. Er studierte Jura und Theaterwissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Eduard Steingraeber, der Gründer der Firma in Bayreuth, war sein Ur-Ur-Großonkel. Zwischen 1980 und 2009 entwickelte Udo Steingraeber mit dem Steingraeber-Designteam drei neue Konzertflügel, verschiedene Kammer- und Salonflügel sowie Konzertflügel. Die meisten davon für die eigene Firma, aber einige, wie der neue Pleyel-Flügel 280, waren Auftragsarbeiten von Kollegen aus der Klavierindustrie. Seit 1988 haben die Innovationen von Steingraeber & Söhne bei jedem Pariser Klaviertest der Spitzeninstrumente Preise gewonnen. Zum Teil unabhängig, zum Teil gemeinsam mit den fünf hochkarätigen Kollegen, die die kleine Gruppe der weltbesten A-1-Hersteller bilden, wie sie in der US-Rangliste genannt werden.
Steingraeber & Söhne bleibt seinem Credo treu: „Die technische Entwicklung des Klaviers ist nie abgeschlossen, denn auch die musikalische Entwicklung geht weiter”. Das Steingraeber-Konstruktionsteam hat eine ganze Reihe innovativer Produkte geschaffen, die die klassischen, sehr traditionell gebauten Klaviere von Steingraeber & Söhne ergänzen. Zu diesen Innovationen gehören z.B. Resonanzböden aus Kohlefaser, SFM-Mechaniken für Klaviere, Sordino- und Mozart-Schienen für Flügel, magnetgesteuerte Pedale für Rollstuhlfahrer und neuerdings das Transducer-Piano.

Als langjähriger Vorsitzender des Bundesverbandes Deutscher Klaviertechniker (BDK) und Vizepräsident der EUROPIANO e.V. engagiert sich Udo Steingraeber besonders für die Verbesserung der Aus- und Weiterbildung der europäischen Klavierbauer. Er war auch die treibende Kraft bei der Entwicklung des Europäischen Klaviertechniker-Diploms von 2003 bis 2006.
Das historische Steingraeber Haus in Bayreuth, ein Rokoko-Schloss aus dem Jahr 1754, ist seine Lieblingsbeschäftigung. Dessen streng historische Restaurierung wird Jahr für Jahr fortgesetzt, ebenso wie die Förderung moderner Kunst, das Klaviermuseum mit einer großen Franz-Liszt-Ausstellung und ein Kulturprogramm mit mehr als hundert Veranstaltungen pro Jahr, für die das Steingraeber Haus Bayreuth der breiten Öffentlichkeit zugänglich ist. Für all dies sowie für sein Mäzenatentum und sein Sponsoring sozialer und kultureller Einrichtungen wurde Udo Steingraeber mit zwei Kulturpreisen ausgezeichnet.
Im Jahr 2023 will er die Leitung des Unternehmens an seine Kinder Alban und Fanny Steingraeber übergeben.

Seminar: 4 September (Sonntag), 14.45 Uhr, Raum Universe 1